Lüttich-Bastogne-Lüttich Challenge 2017 „La Doyenne“

Von Alexander Fiedler

Lü-Ba-Lü ist für mich persönlich der schönste und auch zugleich der Abschluss der Frühjahrsklassiker. Wer mich kennt, weiß, dass ich so eine Veranstaltung mehr als einmal fahre und so war es 2017 bereits der vierte Ritt durch die wallonischen Ardennen.

Die Wetterprognose: gar nicht mal so schlecht

Die Wetteraussichten für diese Auflage der Lüttich-Bastogne-Lüttich Challenge waren von Vornherein nicht wirklich gut. Wie vor zwei  Jahren erwarteten wir Regen vom Start weg und Kälte. Am Morgen war es allerdings trocken und die Hoffnung groß, dass dies auch so bleiben würde. So zogen wir auch nur das Nötigste an. Überschuhe und Regenjacke kamen sicherheitshalber in die Rückentasche; aber Style ist doch wichtiger ;-)

Morbider Charme: Start in Lüttich um 6.30 Uhr

Am Start: alle noch frisch und gut gelaunt

Lüttich am frühen Morgen vermittelt einen trostlosen Anblick. Grau in Grau reihen sich lieblos aber zweckmäßig platzierte Wohnkomplexe aneinander und bilden den Speckgürtel um die beschauliche, einstmals, wohlhabende Industriestadt. Charme sucht man hier vergebens. Den hatte ich selbst auch nicht mitgebracht. Aus der Stadt rollend ging es in den ersten Anstieg hinein, wo sich das Feld  dann auch langsam in die Länge zog. Trotzdem fuhr man nie allein. Eric zog dort mit einer Gruppe davon während Stephan und ich weiter unser Tempo fuhren. 273 kmsind nicht ohne und der harte Teil kommt ja erst auf dem Rückweg. Nach der ersten Verpflegungsstation fing es dann auch an leicht zu Nieseln – und es wurde kontinuierlich stärker.  Kurz stellte ich mir die Frage anhalten und die Regensachen anziehen oder weiterfahren. Castelli Gabba und Nanoflex sei Dank verzichtete ich auf einen Stop. Die Sachen müssen doch für was gut sein.

Start zu Lüttich-Bastogne-Lüttich Challenge

Halbzeit in Bastogne

In Lüttich bei 10-11 Grad gestartet, kamen wir schon nach etwas über 100 Kilometern völlig eingefeuchtet in Bastogne bei nur noch 5 Grad an. Dafür war der Regen mehr oder minder vorbei und Eric hatten wir auch wieder aufgesammelt. An der Kontrolle war schnelle Nahrungsaufnahme angesagt, um nicht  auszukühlen. Klar war, die kommenden 170 Kilometer sind die eigentliche Herausforderung, denn nun sollten die berühmten Klippen über die Ardennen erst noch kommen und zu der Kälte gesellte sich dankbarerweise noch Gegenwind. Die ersten 10 Kilometer aus Bastogne herauszufahren, sind unter den genannten Bedingungen dann auch die härtesten. Im eiskalten und feuchten Gegenwind gefrieren Hände und Füße. Ob man wirklich schaltet oder bremst, bekommt man nicht mehr mit. Das Gefühl dafür hat die Hände schon längst verlassen. Jetzt geht nichts über internationale Zusammenarbeit. Die Tortur übersteht niemand alleine. So bilden sich Gruppen, um einander Windschatten verschaffen zu können. In den Köpfen scheinen überall dieselben Gedanken zu kreisen: Einfach nur durchhalten. Stellenweise hatten wir laut Garmin nur 1-2 Grad. An der anschließenden Kontrolle ist den Leuten die Erleichterung, dass es wieder wärmer wurde, deutlich anzusehen. Irgendwann kam dann sogar die Sonne raus.

Gefragt: die richtige Taktik

Bei solch einer Herausforderung muss jeder einfach sein Tempo fahren so dass wir nicht immer zusammenblieben, uns aber an den Kontrollen wieder trafen. So fuhr ich eine Zeitlang mit einem Engländer zusammen der ein auffälliges Holdsworth sein Eigen nannte. Bei einer Kontrolle hatten wir uns aus den Augen verloren, beim Anstieg der Cote du Rosier aber wieder getroffen. Diesmal ohne Regenjacke. Chris, so heißt der Gute, fuhr für Nottingham Clarion J., derselbe Verein, für den auch eine liebe Freundin fährt mit der ich LüBaLü 2015 zusammen gefahren bin. Klein ist die Welt. So hatten wir beide genügend Gesprächsstoff für die kommenden Stunden die uns noch bis zum Ziel blieben. Wir durchkämmen dann die Ardennen und überwinden auch die härtesten Anstiege mit jeweils 19 und 20% Steigung. Schließlich kommen mit 10:31 Stunden reiner Fahrzeit und 273 zurückgelegten Kilometern mit 4400 Höhenmetern ins Ziel.

Warum tut man so etwas?

Warum versammeln sich Radsportler in Lüttich um 6:30 Uhr, um eine solche anspruchsvollen Radtour zu unternehmen? Es sind die tolle Landschaft, der Antrieb, die eigene Leidensfähigkeit unter Beweis zu stellen und den widrigsten Umstände zu trotzen. Es ist reizvoll, weil es nicht einfach ist. Die Fahrer dieser Challenge sind La Doyenne erprobt, erfahren und äußerst leidensfähig. Sie wissen, was auf sie zukommt. Das ist eine Radfahrt der ganz besonderen Güte für ganz besondere Fahrer. Aber am Ende ist jeder einfach nur froh, es geschafft zu haben, so auch wir.

 

 

 

 

 

 

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