Mein Ötzi 2024 von Annalena Hermann

Der Ötztaler Radmarathon – ein Rennen, was man mal gefahren sein muss. Das dachte ich mir zumindest und es klappte auch tatsächlich direkt einen Startplatz zu ergattern. Mit ein paar Freunden aus Düsseldorf wurde direkt ein Apartment gebucht.

Am 01.September sollte der Ötzi stattfinden. Ich reiste bereits zwei Tage vorher an. Mit dem Auto. Lieber wäre ich mit dem Fahrrad angereist. Aber ich wollte ja auch eine gute Zeit fahren und mich ausgeruht fühlen für das Rennen. In Sölden angekommen merkte man schon sofort, dass die Fahrradfahrer dieses Dorf an diesem Wochenende komplett erobern werden. Überall Radfahrer mit schnellen Rädern. Das Wetter war bombe und so langsam bekam ich Bock auf den ganzen Spaß hier.
Unsere Unterkunft lag etwas den Berg hinauf. Sie war total schön und die Fahrräder hatten sogar einen eigenen Stellplatz in der Wohnung. Wir nutzten die Zeit am Tag vorher um unsere müden Autobeinchen etwas zu lockern. Deshalb fuhren wir mit den Rädern etwas durch Berg und Tal. Überall so tolle Rennräder mit professionell wirkenden Fahrern. Es war eine besondere Stimmung in der Luft. Der Tag vor so einem großen Event ist immer voller Spannung und Vorfreude.
Am Sonntagmorgen klingelte der Wecker schon um 4:00 Uhr. Um kurz nach 5 rollten wir bereits zum Startbereich um möglichst weit vorne zu stehen beim Start. Es war noch dunkel anfangs. Die letzten Toilettengänge wurden durchgeführt, Klamotten an und ausgezogen und der ein oder andere Riegel gesnackt.

Start um 6:30: es ging los

Der Start war relativ entspannt. Alle fuhren vorrausschauend und rücksichtsvoll. Die ersten Kilometer waren schnell. Es ging bergab im großen Peloton. Überall, vor allem in den Dörfern die wir durchfuhren, jubelten die Menschen vom Rand. Sie schrien und kreischten. Die Stimmung war geil!
Ich versuchte von Anfang an weiter nach vorne zu kommen Stück für Stück, aber das war in so einem großen Feld nicht überall so einfach.
Das Kühtai ließ nicht lange auf sich warten. An diesem Anstieg war es teils immer noch sehr voll auf der Straße und ich versuchte bei jeder Gelegenheit zu überholen. Seite an Seite mit den anderen Ötzi-Träumern ging es nach oben. Oben angekommen hieß es Jacke aus, Gel rein und weiter.
Nach der Abfahrt kam der Brennerpass. Hier wehte ein undankbarer Wind von vorne. Zum Glück hatte ich hier durchgehend eine riesige Gruppe, in der ich mitschwimmen konnte. Man könnte fast schon chillen sagen.
Am Jaufenpass angekommen hatte ich noch an bisher keiner Verpflegungsstation angehalten. Ich bin wirklich kein Trinkprofi, wenn man das so sagen kann. Eine Flasche hatte ich nur leer. Darum war mein Plan am Timmelsjoch die erste der beiden Verpflegungsstaionen zu nehmen im Wasser aufzufüllen. Die eine Flasche, die ich noch hatte, würde ja reichen bis dahin. Naja, dachte ich…

Wassernot am Timmelsjoch

Durststrecke hoch zum Timmelsjoch: Annalene Hermann (Cycling Club Düsseldorf) beim Öztaler 2024

Am Jaufenpass hatte ich gute Beine gehabt. Nach der Abfahrt als es dann ins Timmelsjoch ging sah das anders aus. Mein Wasser war nun doch schneller leer als
gedacht und es war auch plötzlich viel wärmer als erwartet. Ich hatte Durst, mir wurde dadurch schlecht und ich konnte nichts mehr essen. Es ging einfach nicht mehr. Ich war kurz davor einen der vereinzelt vor und hinter mir fahrenden Fahrer nach Wasser zu fragen. Zu gerne hätte ich wie viele andere auch den ein oder anderen Supporter mit Verpflegung am Streckenrand gehabt, aber ich war allein und konnte nur neidisch zuschauen, wie viele andere ihre Bidons angegeben bekamen. Mir ging es ja auch schließlich um eine gute Zeit, deshalb wollte ich ein Stehenbleiben so gut es geht vermeiden.
Zu meiner Rettung kam nach viel zu langer Zeit endlich ein kleiner Wasserfall am Fels neben der Strecke. Abrupt blieb ich stehen, mein Hintermann erschreckte sich, aber ich war wirklich auf der allerletzten Rille unterwegs. Ganz schnell duschte ich mich mit dem eiskalten Wasser und trank hektisch so viel ich konnte. Nach nicht mal einer Minute ging es weiter. Wirklich gut ging es mir bis zum Gipfel nicht mehr. Das Wasser kam einfach zu spät. Eigenen Dummheit. Ich habe wirklich ein wenig gelitten die letzten 10km Timmelsjoch, doch als ich dann endlich oben war wurde ich ein wenig emotional. In der Abfahrt kam dann die ein oder andere Träne. Ich spürte Stolz und Dankbarkeit.

Abfahrt: Ziel Sölden

Annalena Hermann (Cycling Club Düsseldorf): Erschöpft aber glücklich in Sölden nach Ötztaler Radmarathon

Die letzten Kilometer bis zum Ziel regnete es plötzlich heftig. Aber es war mir egal. Ich lachte einfach nur die ganze Zeit während ich mit quietschenden Bremsen und verschmierter Brille die Abfahrt runterrasselte.
In Sölden waren trotz des Wetterumschwungs viele Menschen und gute Stimmung. Die Zieleinfahrt war ein wirklich tolles Gefühl. Alles an mir war nass und dreckig, aber ich strahlte mit vielen anderen Finshern um die Wette…

Annalena Hermann (Cycling Club Düsseldorf) Zieleinfahrt in Sölden beim Ötztaler Radmarathon

 

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